Auf sie stützen sich Wirtschaft und Handel: Paletten zählen zu den wichtigsten Ladungsträgern weltweit, über 90 Prozent von ihnen bestehen aus Holz. Allerdings fallen auch sie unter den Überbegriff Verpackung und geraten damit in den Fokus der neuen europäischen Verpackungsverordnung PPWR (Packaging & Packaging Waste Regulation). Palettenhersteller und -händler befürchten Nachteile – ist die Zukunft der Holzpalette in Gefahr?
Bisher gilt in der EU die Verpackungsrichtlinie, die von den Mitgliedsstaaten durch nationales Recht wie das Verpackungsgesetz (VerpackG) in Deutschland umgesetzt wird. Noch in diesem Jahr soll die Richtlinie durch die europäische Verpackungsverordnung ersetzt werden. Das Ziel der PPWR: die negativen Auswirkungen von Verpackungen auf die Umwelt minimieren und vor allem eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft fördern. Was gut gemeint ist, bereitet Herstellern, Händlern und Nutzern von Holzpaletten große Sorgen.
Weit über 90 Prozent aller im Umlauf befindlichen Paletten sind Holzpaletten. Holz gilt als nachhaltiges und umweltfreundliches Material für Lademittel. Europaletten bestehen quasi komplett aus dem nachwachsenden Rohstoff, speichern so jeweils 30 kg CO21 und entlasten damit das Klima. Aber: Eine Palette kann durch Recycling nicht wieder zu einer Palette werden.
Der Kreislauf von Holzpaletten
Die PPWR soll die rechtliche Grundlage dafür schaffen, dass bis zum Jahr 2030 alle Verpackungen, die in der EU in Umlauf gebracht werden, recycel- bzw. wiederverwendbar sind. Diskutiert wurde in diesem Zusammenhang, ob im Rahmen eines High Quality-Verfahrens Holzpaletten auch wieder zu solchen recycelt werden sollten.
„Diese Idee wurde auch vom Europäischen Parlament als nicht praxistauglich erkannt“, sagt Dominik Leufgen, Mitbegründer und Co-CEO von Pacurion: „Denn Paletten bleiben in unterschiedlichen Qualitäten im Kreislauf und werden repariert, wenn sie defekt sind, bis sie als zu schadhaft ausgesondert werden. Ihr Material kann dann zum Beispiel für Spanplatten für die Möbel- oder Bauindustrie genutzt werden. Für neue Europaletten braucht es aber stabiles Holz.“
Experten forderten deshalb Ausnahmeregelungen oder gar das Ausklammern von Holzpaletten aus der PPWR. Ihre Befürchtungen liegen klar auf der Hand: „Sollten Holzpaletten per se als nicht recycelbar gelten, käme es einem Aus für diesen gängigen Ladungsträger gleich“, so Dennis Maschmeyer, Co-CEO und ebenfalls Mitbegründer von Pacurion. „Die Folgen für die Holzwirtschaft, Palettenhersteller, den Handel und die Logistik wären kaum überschaubar. Die Wirtschaft stünde vor logistischen Herausforderungen und weiteren Kostensteigerungen.“
PPWR auf der Zielgeraden
Jetzt ist die PPWR bereits auf der Zielgeraden: Die Ständigen Vertreter der EU-Mitgliedstaaten haben den im Trilog-Verfahren erarbeiteten Kompromisstext zur PPWR am 15. März 2024 angenommen. Am 24. April stimmte das Europäische Parlament dem Entwurf zu. Es ist davon auszugehen, dass die Verordnung noch vor der Europawahl, die Anfang Juni dieses Jahres stattfindet, vom Europäischen Rat final verabschiedet werden wird.
Im Zuge der Kreislaufwirtschaft müssen alle Verpackungen, die in Verkehr gebracht werden, wiederverwendbar sein. Für Paletten gibt es keine Ausnahmeregelung, da gerade sie für eine Wiederverwendung sehr gut geeignet sind. Ein Blick auf das EPAL-System zeigt zudem, wie gut das durch den weltweiten Tausch praktizierte Mehrwegsystem bereits funktioniert und der Umwelt zugutekommt.2
Generell gelten Verpackungen dann als recyclingfähig, wenn ihre Bestandteile trennbar und im besten Falle einzeln recycelbar sind. Wenn sie entsorgt werden müssen, sollten sie bestehenden Abfallströmen zuzuordnen sein und das Recycling anderer Abfälle nicht beeinträchtigen.
Grund zur Sorge besteht also nicht.
Kreislaufwirtschaft setzt sich durch
„Der Kommission geht es darum, dass mehr Verpackungen wiederverwendet werden“, erklärt Dominik Leufgen. „Das ist bei der Holzpalette längst der Fall, sie wird bereits in unterschiedlichen Qualitäten sehr lange wiedergenutzt. Eine Europalette, die als Tauschpalette genutzt wird, hat eine durchschnittliche Lebenserwartung von circa sieben Jahren. Danach wird sie entweder mit Neuteilen repariert oder lässt sich als Rohstoff weiterverwerten.“
Eines ist sicher: Auf die Holzpalette werden Wirtschaft und globaler Handel auf absehbare Zeit nicht verzichten können.
Klar ist aber auch, dass sich die Vorschriften hinsichtlich eines nachhaltigen Ressourceneinsatzes, der Vermeidung von Abfällen und die Forderung nach einer ökologisch sinnvollen Kreislaufwirtschaft verschärfen werden.
In Europa ist die Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft in Richtung Klimaneutralität bereits in vollem Gange – davon ist am Ende auch die Holzpalette nicht ausgenommen.
1Ermittelt mit dem Pallet Carbon Calculator von ECCM/Camco Group, Skogs Industrierna und timcon
2Siehe auch: gpal.epal-pallets.org